Zurück in der alten Heimat
Die FULCRUM-Staffel fand für ihre elfte Reunion nach den Treffen in Berlin und Leipzig wieder den Weg an die Ostsee und feierte 2013 im IFA-Hotel Graal-Müritz. 37 der 74 Staffelangehörigen waren mit ihrem “Anhang” dabei, darunter dieses Mal auch besonders viele Kinder, wie Oberstleutnant a.D. Peter “Stoini” Steiniger hervorhob, der das erstmals für diesen Zweck gebuchte Hotel am Strand “gesucht und gefunden” hatte. Die FULCRUM-Reunions sind eben echte Familien-Events, und so versammelten sich insgesamt 77 gut gelaunte Menschen im Festsaal, nachdem der pünktlich um 18.29 Uhr begonnene Sekt-Empfang und das obligatorische Gruppenfoto im Foyer erfolgreich absolviert worden waren.
Zunächst gab es eine stärkende Suppe, dann schritt Staffelkapitän Generalleutnant a.D. Jürgen Höche zum Rednerpult und eröffnete den offiziellen Teil mit einem Dank an Organisatoren und Sponsoren des Treffens, bevor er an Rechnungsführer Oberstleutnant Jürgen Schumann übergab. Der konnte wie immer eine gesunde Kassenlage der Staffel nachweisen, so dass Höche die Entlastung des Vorstands nach der tags zuvor erfolgten Kassenprüfung bekanntgeben und zur turnusmäßigen Neuwahl rufen konnte. Nach alter Tradition erfolgte diese wieder im Paket, und sowohl der StaKa als auch die Einsatzstabsoffiziere Steiniger, Oberstleutnant a.D. Bernd Pfähler und Oberstleutnant Udo Sadzulewski sowie Rechnungsführer Schumann wurden per Handzeichen in ihren Ämtern bestätigt. Mit 25 Sekunden Dauer konnte diese Wahl den Geschwindigkeitsrekord der vorherigen erneut einstellen. Man darf gespannt sein, wo hier die Grenze erreicht wird.
Frisch gewählt, kündigte Höche seine “programmatische Ansprache als neuer Staffelkapitän” an. Die war denn aber doch gewohnt kurz und pointiert. Er lobte die Schönheit der mecklenburgischen Landschaft im goldenen Oktober und betonte, dass es bei diesem Treffen keine Ehrengäste gebe “außer unseren Damen”. Diese wiederum beglückwünschte er dazu, in Deutschland zu leben und nicht in Saudi-Arabien, wo die Frauen gerade einen Kampf ausfochten, um überhaupt Auto fahren zu dürfen. Der StaKa freute sich über einen Brief des Kommandeurs der Offizierschule der Luftwaffe, der an den “Präsidenten der FULCRUM-Staffel” gerichtet gewesen sei – “Das klingt eigentlich gar nicht schlecht!” – und berichtete, dass er im vergangenen Jahr zum Volkstrauertag am Ehrenmal der Luftwaffe in Fürstenfeldbruck einen Kranz im Namen der Staffel niedergelegt habe und das in diesem Jahr wiederholen wolle. Er wies auf die 2012 gegründete Interessengemeinschaft Luftwaffe hin, die die Belange der Teilstreitkraft gegenüber der Politik vertrete, und deren Angebot an die FULCRUM-Staffel für eine kooperative Mitgliedschaft: “Das sollten wir machen, für das einzelne Mitglied entstehen keine Kosten.” Den an ihn herangetragenen Vorschlag, die Reunion statt im Oktober auch einmal im Frühjahr durchzuführen, stellte er zur Diskussion und beendete seine Rede mit einem Lob für die anderen Mitglieder des Vorstands – allen voran Stoini, der lebhaften Applaus bekam.
Unter dem Motto “Die deutsche MiG-29, Teil 3” berichtete Oberstleutnant a.D. Hans Köck über seine Zeit als Staffelkapitän vom 10. August 1995 bis zum 4. September 1997. Als besondere Ereignisse in dieser Zeit nannte er die Ankunft des ersten US-Austauschpiloten Major Fred “Spanky” Clifton im Januar 1996 und zahlreiche NATO-Übungen und Tage der offenen Tür, an denen die deutschen MiG-29 teilnahmen. Am 1. April 1996 bekam die Fliegende Gruppe einen neuen Kommandeur, nämlich den damaligen Oberstleutnant Karl Müllner, der anordnete, das auch fliegendes Personal an Orientierungsmärschen teilzunehmen habe, wie sich Köck mit leichtem Schaudern erinnerte. Stoini und Peter “Meise” Meisberger kamen in seiner Zeit als StaKa, andere verließen die Staffel: Michael Raubbach wechselte auf F-16, Ralf “Frido” Friedrich ging nach Cottesmore, Jörg Kresse als Air Liaison Officer zum Heer und Andy Schultz in den Ruhestand – “Aber nicht wirklich, wie wir danach gesehen haben.” Köck erinnerte an zahlreiche hochrangige Besuche und jede Menge Mitflüge in der FULCRUM, an die Umrüstung für Langstreckenflüge mit Zusatztanks und neuem Navigationsgerät und an den Umbau des Staffelgebäudes: “Wir bekamen eine sehr schöne Bar und vor dem Eingang das Mosaik und die Sonnenuhr.” Das sei maßgeblich der Verdienst von Caren und Hans Liesegang gewesen: “Hans war sozusagen der Capo des Umbaus und Caren hat das Mosaik restauriert.”
Weniger erfreulich war die Tatsache, dass wegen der schlechten Ersatzteillage nur verhältnismäßig wenige Stunden geflogen werden konnten. “Trotzdem haben wir aber die QRA gestellt und waren ein begehrter Trainingspartner für die Amerikaner und andere”, so Köck. Und natürlich als Negativrekord der Absturz der 29+09 am 26. Juni 1996: “Da aber sehr schnell feststand, dass die Ursache ein Pilotenfehler war und kein technischer Defekt, konnten wir wenigstens gleich weiterfliegen.” MiG-Fliegen habe einfach Spaß gemacht, fasste Köck zusammen, und schloss: “Und wer hätte gedacht, dass ich schon vier Monate nach Abgabe der Staffel als stellvertretender Kommandeur Fliegende Gruppe nach Laage zurückkehren würde …”
Das anschließende Buffett war nach vorherrschender Meinung das beste seit Jahren, und viele Teller wurden gleich mehrfach wieder neu gefüllt. Die Gespräche waren angeregt und interessant wie stets in dieser kleinen aber feinen Gemeinschaft, die die deutsche Einheit quasi in einem Mikrokosmos abbildet. Nach dem Essen war die Besetzung der Tische bald mehrfach neu gemischt, und nach und nach leerte sich der Festsaal und die Bar füllte sich. Auch dieses Jahr war es ein Glück, dass die Umstellung auf Winterzeit just in dieser Nacht stattfand, und gegen fünf Uhr alter Zeit war fast Schluss – bis auf zwei Unentwegte, die sich noch bis kurz vor fünf Uhr neuer Zeit unterhielten. Als diese beiden denn auch endlich in ihre jeweiligen Gemächer strebten, war dem Barmann deutlich Erleichterung anzusehen.