17.Reunion 2019 in Rostock

…mit den Schweizern.

Vom ersten Tag ihrer Übernahme in die Luftwaffe an waren die MiG-29 des Jagdgeschwaders 73 „Steinhoff“ international gefragt, als Sparrings-Partner für NATO-Einheiten in Europa und in Übersee. So war Englisch eigentlich die Hauptsprache bei allen diesen Anlässen, vom „Arbeits-Besuch“ diverser Staffeln in Laage bis hin zu internationalen Übungen wie RED FLAG in Las Vegas/Nevada. Doch bei zwei Events – den „FULCRUM Campaigns“ FULCA 2002 und 2003 – wurde Deutsch gesprochen: Als die MiGs mit dem Eisernen Kreuz am Rumpf nach Dübendorf in der Schweiz verlegten, um mit der dort stationierten Staffel 11 der eidgenössischen Luftwaffe in den Alpen zu üben, und die F/A-18 der „Tiger“-Staffel im Folgejahr an der Ostsee zum Gegenbesuch begrüßt wurden. Was lag näher, als die Freundschaft auf einem Treffen der FULCRUM-Traditionsstaffel aufzufrischen?

Das dachte sich auch Oberstleutnant a.D. Peter „Stoini“ Steiniger, einer der drei „Einsatzoffiziere“ der FULCRUM-Staffel, und nahm Kontakt zu den Schweizern auf. „Mir schlug förmlich eine Welle der Begeisterung entgegen“, erzählt er. Und so fand die 17. Reunion der Traditionsgemeinschaft mit Schweizer Beteiligung statt: Sechs Gäste aus der Schweiz – zum Teil noch aktiv beim Militär, zum Teil in der Miliz und zum Teil inzwischen bei der Airline SWISS – waren zu Gast in Rostock. „Pablo, José, Höffi, Goofi, Junkie und Deli – Stoini hat mir die echten Vornamen erst gar nicht mitgeteilt“, sagte „Staffelkapitän“ Generalleutnant a.D. Jürgen Höche bei der Begrüßung der Teilnehmer, darunter der amtierende Inspekteur der Luftwaffe, Generalleutnant Ingo Gerhartz mit seiner Frau und den beiden Söhnen. Dessen Vorgänger, Generalleutnant a.D. Karl Müllner, hatte leider kurzfristig ebenso absagen müssen wie Oberst a.D. Peter „Pitt“ Hauser, der letzte MiG-29-Kommodore des JG 73 „S“, wie Höche bedauernd mitteilte.

Insbesondere für Steinigers Organisationstalent fand er lobende Worte: „Ohne ihn ginge hier nichts“, sagte Höche und fügte hinzu: „Der Hauptverdienst für diese Reunion liegt bei ihm – es war seine Idee, die Schweizer einzuladen.“ Für die anwesenden Damen unter den rund 70 Gästen – darunter 28 Staffel-Mitglieder – hatte Höche seinen, wie er sagte, „Standardspruch“ parat: „Ehret die Frauen, sie wirken und weben, himmlische Fächer aus irdischem Leben.“ Am Beispiel der Schweiz wies der Generalleutnant a.D. darauf hin, wie wichtig Streitkräfte seien: „Man muss wehrbereit sein, auch wenn man keine Feinde hat, schon damit dann keiner zum Feind wird.“ Die FULCA-Kampagnen seien nicht nur erfolgreich gewesen, sondern hätten auch Freundschaften begründet, in diesem Fall sogar zwischen einem NATO- und einem neutralen Land, so Höche weiter. Und diesen Ball nahm dann José auf, der das Unternehmen auf Schweizer Seite organisiert hatte und einen Rückblick auf den Beginn der Freundschaft warf.

„Begonnen hat alles mit einer Reise zur US-Air-Force-Europe-Basis Spangdahlem, wo wir einige der deutschen MiG-Piloten kennen gelernt haben“, erzählte er. Da sei die Idee gekommen, doch mal etwas gemeinsam zu machen. „Das war 1998. Und Höffi hat einen entsprechenden Antrag geschrieben.“ Danach hätten er und Deli Rostock privat besucht und den Kontakt aufgefrischt. „Und Höffi hat 1999 wieder einen entsprechenden Antrag geschrieben.“ Auch beim Übungs-Aufenthalt des JG 73 „S“ in Decimomannu im Jahr 2000 habe man sich getroffen. „Und Höffi schrieb einen Antrag.“ 2001 schließlich sei das Vorhaben FULCA 2002 dann endlich festgeklopft worden. Und am 17. April 2002 war es dann so weit: Die MiGs landeten zu ihrem 14-tägigen Besuch in Dübendorf.

Mit zahlreichen an eine Leinwand projizierten Fotos der Kampagne – darunter auch beeindruckenden Bildern von MiG-29 und F/A-18 in Formation über dem Matterhorn – unterstrich José seine Ausführungen. Die zeigten nicht nur die gemeinsame Fliegerei, über die eine Schweizer Zeitung mit der Überschrift „Luftkampf über den Alpen: Gegen die MiGs hatten unsere Hornissen keinen Stich“ ganzseitig berichtet hatte. Sondern auch die begleitenden Events in ziviler Kleidung, die José mit humorigen Sticheleien zur damaligen Hemden- und Sonnenbrillen-Mode kommentierte.

Sein Fazit: „Auch nach 28 Jahren in der Schweizer Luftwaffe sind FULCA 2002 und 2003 für mich noch immer die Highlights – und das sage ich nicht nur wegen der Maschinen.“ Man sei damals „unter Freunden“ geflogen. „Und die haben alle Bücher für uns aufgemacht und uns hineinschauen lassen.“ Das Verhältnis sei extrem unkompliziert gewesen, obwohl der Eidgenosse an sich doch immer so viele Probleme mit den Deutschen habe: „Ihr verstopft immer den Gotthard-Tunnel und sprecht auch besser Hochdeutsch als wir.“ Und dann beginne man miteinander zu arbeiten. „Und sieht: Ihr seid auch nur Schweizer!“ An dieser bemerkenswerten Stelle musste José den Vortrag wegen des allgemeinen Heiterkeitsausbruchs im Saal kurz unterbrechen, bevor er ihn beenden konnte und eine Erklärung für seine kühne Behauptung lieferte: „Die gleiche Planungssicherheit, die gleiche Verlässlichkeit, die gleiche Pünktlichkeit.“ Und eben auch die gemeinsame Sprache. Mit der nach dem Anstoßen mit Appenzeller Kräuter noch zahlreiche Gespräche bis spät in die Nacht hinein an der Bar geführt wurden.

Irgendwann zwischen Appenzeller und Priese Schnupftabak wurde beschlossen, dass die gemeinsam begangene 17. Reunion nicht die letzte bleiben solle: „2022 sollten wir uns in der Schweiz treffen“, so Peter Steiniger. „Das wäre 20 Jahre nach der Kampagne – und das muss doch gefeiert werden!“

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