Dieses Mal war alles ein bisschen anders beim Treffen der ehemaligen deutschen MiG-29-Piloten. Zwar fand die 7. Reunion der FULCRUM-Staffel nach dem Zwischenspiel in Dresden im vergangenen Jahr wieder an der Ostsee statt. Doch diente nun statt des „Fischland“ auf dem Darß das Hotel Radisson in Rostock als Versammlungsort. Einen bebilderten Vortrag gab es auch nicht, stattdessen liefen unter dem Motto „Those were the days …“ Filme mit atemberaubenden Bildern aus der MiG-29-Zeit auf der großen Leinwand im „Ostseesaal“. Und verstärkt wurden die „Flyers“ durch das frühere Gefechtsstand-Personal der 1. Staffel, StFw Tilo Glombik und HFw Thomas Ölschlägel, sowie Cornelia Koch von der Bildstelle des Jagdgeschwaders 73 „Steinhoff“ – auch sie gehören schließlich zur FULCRUM-Historie. Explizit wurden die Gäste daher auch in der Eröffnungsrede von „Staffelkapitän“ Generalleutnant a. D. Jürgen Höche begrüßt, neben den 33 von insgesamt 74 regulären Staffelangehörigen und deren Familienmitgliedern.
In seiner Ansprache erinnerte Höche daran, dass sich der Mauerfall zum 20. Mal jährte und welche besondere Bedeutung dieses Ereignis gerade für die Traditions-Staffel habe: „Sonst säßen wir heute ja alle nicht hier“, rief er den insgesamt knapp 70 Gästen zu. Auch der nur Tage zuvor erfolgte Wechsel im Amt des Inspekteurs der Luftwaffe und an der Spitze des Luftwaffenführungskommandos fand Erwähnung. Sein spezieller Dank ging an Oberstleutnant a. D. Peter Steiniger für die Organisation der Reunion: „Ich bin nur Galionsfigur hier, Stoini macht ja alles“, sagte Jürgen Höche schmunzelnd. So kurz wie die Ansprache des Staffelkapitäns fiel auch die Vorstandswahl aus. Der Kapitän selbst, die „Einsatzstabsoffiziere“ – neben Peter Steiniger noch Oberstleutnant a. D. Bernd Pfähler und Oberstleutnant Udo Sadzulewski – sowie „Rechnungsführer“ Oberstleutnant Jürgen Schumann hatten sich schon zuvor bereit erklärt, weiterzumachen. Das teilte Höche mit, fragte nur: „Gibt es Gegenstimmen?“, was nicht der Fall war, und so hieß es ganz pragmatisch: „Wiedergewählt für zwei Jahre.“
Jürgen Schumann – dieses Jahr wieder in Uniform, wie er betonte, nachdem er sie 2008 zu Hause vergessen hatte – konnte wie immer Erfreuliches vermelden: „Viele Einnahmen, wenig Ausgaben – und das Polster für 2011 sieht gut aus.“ Dann nämlich steht das große Highlight zum zehnjährigen Bestehen der Staffel an: Die Reunion in Las Vegas. Der Termin steht schon fest: Vom 24. September bis zum 1. Oktober 2011 soll es in die USA gehen, mit einem Lufthansa-Airbus von Laage oder Frankfurt aus, erläuterte „Projektoffizier“ Bernd Pfähler. „Unverbindliche Zusagen für die Teilnahme bräuchte ich jetzt bald, damit wir eine Planungsgröße haben“, bat er, und: „Vorschläge für die Programmpunkte vor Ort und jede Mitarbeit an dem Projekt ist hochwillkommen – vielleicht hat ja zum Beispiel noch jemand Kontakte nach Nellis, so dass wir die Basis besuchen können.“ Auch für die Reunion im nächsten Jahr wurde mit Stettin ein Veranstaltungsort außerhalb Deutschlands ins Spiel gebracht. Der konnte allerdings nicht dieselbe Begeisterung wie Las Vegas auslösen – die endgültige Entscheidung steht daher noch aus. Vor dem reichhaltigen Buffett – und als Endlosschleife während des Essens und danach – sorgten Foto-Zusammenschnitte aus der aktiven Zeit sowie von Udo Sadzulewski aus dem Cockpit gedrehte Filme für viel Beifall. „Die Flucht aus Goose Bay“ im November 1999 mit stimmungsvollen Flugaufnahmen über den Gletschern von Grönland und Island und verschneiten Flugplätzen, die die deutschen MiGs auf ihrer abenteuerlichen Rückverlegung ins heimatliche Laage ansteuerten, zog die Zuschauer besonders in den Bann.
Wie gewohnt lehrte sich der Speisesaal zu späterer Stunde und die Hotelbar wurde zum Dreh- und Angelpunkt der vielen Gespräche, die sich hauptsächlich – natürlich – um die Fliegerei drehten, auch wenn ein kleines Grüppchen eindeutig Diskussionen um die möglichst rasche Fortbewegung auf zwei Rädern favorisierte. Die Damen hatten ebenfalls ihre Themen, und selbstverständlich kam auch der Austausch von Neuigkeiten nicht zu kurz. Schließlich wollte man ja wissen, was das Gegenüber in den Monaten seit der letzten Reunion getrieben hatte. Bis früh um fünf hielten die letzten Wackeren an der Theke aus, wobei dieses Mal die sonst schon fast gewohnte Zusatz-Stunde durch die (bereits in der Woche zuvor erfolgte) Uhren-Umstellung zum Ende der Sommerzeit fehlte. Aber wie schon gesagt: Dieses Mal war eben alles ein bisschen anders.
Stefan Petersen